Internetzensur

Anfang 1996 entfachte die revisionistische Webseite www.zundelsite.org einen Sturm im damals noch kleinen Internet-Wasserglas, da der Inhalt der Seite von einigen jüdischen Lobbygruppen und insbesondere von den deutschen Behörden gehaßt wurde, die alle zusammen mit mehr oder weniger legalen Mitteln versuchten, diese umstrittene Webseite stillzulegen. Diese Zensurversuche lösten eine massive Solidarisierungswelle in der damals noch recht idealistischen Internet-Gemeinde aus. Am Ende des viele Monate währenden Kampfes hatten alle Versuche versagt, die Zundelsite lahmzulegen, unter anderem auch deshalb, weil viele Idealisten auf der ganzen Welt Kopien der Zundelsite bei sich aushingen, und zwar nicht etwa, weil sie mit dem Inhalt der Zundelsite übereinstimmten, sondern weil sie die als wichtig angesehen Redefreiheit gegen alle Zensurversuche verteidigen wollten.[1]

Ende 1996 forderte UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Zensur fremdenfeindlichen und rassistischen Materials im Internet. In einem UNO-Bericht über Menschenrechte erwähnte der Berichterstatter Maurice Glele-Ahanhanzo zudem alarmierende, neue Tendenzen, den “Nazi-Holocaust zu leugnen”, wobei er explizit auf die Webseite des deutschen Geschichtsdissidenten Ernst Zündel hinwies.[2] Seit Anfang 1996 ist Zündels Webseite das Ziel massiver Zensurversuche sowohl legaler wie auch illegaler Natur, wie man dieser Webseite selbst entnehmen kann.[3] Ebenfalls im Jahr 1996 einigte sich die Europäische Union, ein System der freiwilligen Internet-Zensur einzuführen, die es Internet-Benutzern ermöglicht, Webseiten mit ihrer Auffassung nach illegalem Inhalt den Behörden zu melden, die dann gegen die Betreiber der Seite rechtliche Schritte einleiten können, um sie zu zwingen, illegale Inhalte entweder zu löschen oder unzugänglich zu machen.[4]

Daß es solche voreilige Selbstzensur tatsächlich gibt, bekam ich selbst wenig später zu spüren. Im September 1997 gründete ich die Webseite www.vho.org. Nach wenigen Jahren war www.vho.org zur weltweit größten revisionistischen Webseite geworden. 1998 erfuhr ich, daß es in Deutschland Suchmotoren gibt, die sich auf deutschsprachiges Material beschränkten. Da der Inhalt von www.vho.org damals noch vorwiegend deutsch war, war es nur allzu logisch meine Seite bei diesen Suchmotoren zu registrieren. Zu meiner Überraschung teilte mir eines dieser Unternehmen mit, daß es meine Seite nicht aufnehmen werde, weil sich bei der Überprüfung meiner Webseite ergeben habe, daß deren Inhalt nach deutschem Gesetz strafbar sei. Dies ist rein gesehen freilich falsch, denn nicht der Inhalt von vho.org ist illegal, sondern die deutschen Zensurgesetze sind illegal. Aber deutsche Bürokraten waren mit Überlegungen zu Menschenrecht und zur Erkenntnistheorie noch nie wirklich zu beeindrucken…[5]

Am 20. März 1997 überreagierten die österreichischen Behörden, als sie sämtliche Computeranlagen des Wiener Internetanbieters VIP beschlagnahmten, weil sich auf einem seiner Rechner eine Webseite mit Kinderpornographie befand. Als Protest gegen diese existenzvernichtende Maßnahme schalteten alle österreichischen Internetanbieter am 25. März 1997 für zwei Stunden ihre Rechner ab.[6] Ebenfalls Anfang 1997 wurde der Vorstandsvorsitzende des Internetanbieters CompuServe in Deutschland, Felix Somm, wegen Verbreitung von Kinderpornographie und geschichtsrevisionistischem Material angeklagt. Die in erster Instanz erfolgte Verurteilung zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe auf Bewährung wurde jedoch in zweiter Instanz Ende 1999 aufgehoben und durch einen Freispruch ersetzt. Dieser Freispruch erfolgte jedoch nur, weil nach Ansicht des Gerichts noch keine technische Möglichkeit bestand, den Inhalt des Internets zu filtern.[7] Diese Entscheidung bedeutet jedoch, daß Internet-Dienstanbieter für strafbare Inhalte haftbar gemacht werden, die sich auf ihren Rechnern in Deutschland befinden. Sie bedeutet zudem, daß die vorsätzliche Verbreitung illegaler Inhalte strafverfolgt wird, was zum Beispiel zur Folge hat, daß es als verboten gilt, Links zu Seiten mit strafbaren Inhalten zu setzen.[8]

Die beschränkte Möglichkeit, Internet-Anbieter nur für das strafverfolgen zu können, was auf ihren eigenen Rechnern gespeichert ist, ließ die deutschen Behörden freilich nicht ruhen. In einer Präzedenzentscheidung urteilte der Bundesgerichtshof 1999, daß sich jeder, der im Ausland Inhalte ins Internet hängt, die in Deutschland strafbar sind, nach deutschem Recht strafbar macht und bei Ergreifung durch die deutschen Behörden entsprechend strafverfolgt werden muß.[9] Bei diesem Fall handelte es sich bezeichnenderweise nicht um die Aburteilung eines Kinderschänders, Betrügers, Terroristen oder eines sonstigen Gewaltkriminellen, sondern um den deutsch-australischen Geschichtsdissidenten Dr. Fredrick Töben.[10] Der Fall war von so zentraler Bedeutung, daß er gar Anlaß gab für eine Doktorarbeit.[11] Seither kann jeder in Deutschland für Internetinhalte verfolgt werden, sobald diese in Deutschland abrufbar sind. Damit hat Deutschland die Anwendung seines Strafrechts auf die ganze Welt ausgeweitet.

Wie die Deutschen, so waren auch die Schweizer seit Ende der 1990er Jahre eifrig auf der Suche nach einer Möglichkeit, unerwünschte Inhalte aus dem Internet herauszufiltern. So sandte die Schweizer Bundespolizei im Sommer 1998 ein Schreiben an alle Schweizer Internet-Provider, in der diese mit strafrechtlichen Schritten bedroht wurden, falls sie den Zugriff auf eine Reihe aufgelisteter Seiten nicht sperrten.[12] Parallel dazu gingen sie gegen die einzige fundamental-oppositionelle Zeitschrift der Schweiz vor, Recht+Freiheit, dessen Herausgeber Ernst Indlekofer am 19.8.1998 kurzerhand für 13 Tage in Untersuchungshaft genommen wurde.[13] Hauptvorwurf war hier die übers Internet verbreitete Kritik an den jüdischen “Finanzerpressungen” gegen die Schweiz.[14] Offenbar haben seither tatsächlich einige Provider den Zugriff zumindest auf einige der Seiten blockiert.[15]

Im Jahr 2000 wurde der Internet-Anbieter Yahoo auf Initiative jüdischer Organisationen in Frankreich verklagt, da auf seiner Internet-Auktionsseite NS-Memorabilien angeboten wurden und weil dessen Suchmotor den Zugriff auf geschichtsrevisionistisches Material erlaubte. Yahoo wurde am 20.11.2000 verurteilt, keine NS-Memorabilien mehr anzubieten und seinen Suchmotor von allen Einträgen revisionistischer Webseiten zu säubern.[16] Danach säuberte Yahoo seinen französischen Suchmotor von fast allen solchen Seiten.

Kurz nach der Niederlage in Frankreich erklärte Yahoo aufgrund massiven Druckes seitens amerikanisch-jüdischer Gruppen wie dem Simon-Wiesenthal-Zentrum, man sei sogar bereit, auch die amerikanischen Suchmotoren von Einträgen zu säubern, die von den jüdischen Gruppen gehaßt werden,[17] jedoch scheint dies bisher nicht geschehen zu sein. Statt dessen entschied man sich, Besucher mit französischen IP-Adressen ungefragt an die entsprechenden zensierten französischen Yahoo-Suchmotor umzuleiten, ihnen also den Zugriff auf die US-Suchmotoren zu verwehren.

Als Ergebnis der Verurteilung von Yahoo in Frankreich fühlte sich der Zentralrat der Juden in Deutschland ermutigt anzukündigen, daß er ähnliche Klagen gegen deutsche Suchmotoren anstrengen wird.[18] Es kann daher nicht überraschen, daß deutsche Suchmotoren bzw. die deutschsprachigen Angebote internationaler Suchmotoren umgehend anfingen, ihre Suchergebnisse ebenso von unerwünschtem Inhalt zu säubern.

Aufgrund dieser Bedrohung mit strafrechtlicher Verfolgung führten anschließend alle weltweit führenden Suchmotoren klammheimlich eine Zensur ein, indem sie bestimmte Webseiten einfach nicht mehr in den Suchergebnissen bestimmter Länder aufführen. Jeder, der zum Beispiel von einer Internet-Adresse in Deutschland aus versucht, bei dem größten Suchmotor Google.de eine revisionistische Webseite zu finden, wird leer ausgehen, und jeder Versuch, beim unzensierten US-Suchmotor Google.com zu suchen, scheitert ebenfalls, da Google alle Besucher aus Deutschland (also mit einer deutschen IP) zwangsweise nach google.de umleitet. Am effektivsten ist diese Zensur in Frankreich.[19]

Die deutschen Behörden zogen anscheinend erst vier Jahre später nach: Aufgrund des Mediendienst-Staatsvertrages begann die Bezirksregierung Düsseldorf gegen Ende 2002, an alle nordrhein-westfälischen Internetanbieter Briefe mit der Aufgeforderung zu versenden, ihren Kunden den Zugang zu bestimmten Webseiten unmöglich zu machen, indem Inhalte bestimmter Internetadressen komplett blockiert werden.[20] Die Opfer dieser Zensur sind nicht etwa Seiten mit Kinderpornographie, sondern durchweg in den USA befindliche Seiten rechtsradikaler bzw. nationalsozialistischer Gruppen.

Im Oktober 2002 sorgte eine wissenschaftliche Untersuchung über Zensur durch Internet-Suchmotoren für internationales Aufsehen. Leider führte sie jedoch nicht zu einer ähnlichen Reaktion der idealistischen Internet-Gemeinde wie anno 1996. [21]


Anmerkungen

Entnommen dem Buch von Germar Rudolf, Kardinalfragen an Deutschlands Politiker: Autobiographische Skizzen und Gedankensplitter zu Wissenschaft, Politik und Menschenrechten, zweite, revidierte und erweiterte Auflage, Juli 2012, Uckfield (East Sussex): Castle Hill Publishers

[1] Damals noch unter www.webcom.com/ezundel/; vgl. dazu den Beitrag von Ingrid Rimland, “Revisionismus im Cyberspace”, Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung, 1(2) (1997), S. 91-99.
[2] www.zundelsite.org; Inter Press Service, 21.11.1996.
[3] Vgl. auch Ingrid Rimland, “Revisionismus im Cyberspace”, Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung (nachfolgend als VffG abgekürzt) 1(2) (1997) S. 91-99; diess., “Ernst Zündel: Sein Kampf für Deutschland”, ebd., 7(1) (2003), S. 3-15.
[4] Index on Censorship, 6/96.
[5] Der Suchmotor bleibt hier unerwähnt, da er vho.org inzwischen doch aufführt.
[6] Vgl. http://www.vov.de/von-uns/presse/mitteilung.phtml?id=40.
[7] Associated Press, 17.11.1999, http://www.cyber-rights.org/isps/somm-dec.htm.
[8] Als Beispiel vgl. http://www.heise.de/newsticker/meldung/51930: Ein Angeklagter wird verurteilt, weil er einen Link zu einer verbotenen rechten Webseite gesetzt hat.
[9] BGH, Az. 1 StR 184/00, 12.12.2000; Tatjana Hörnle, “Verbreitung der Auschwitzlüge im Internet”, Neue Strafrechts-Zeitung 6 (2001), S. 305-311.
[10] Vgl. Willibald Gründer, “Der Prozeß gegen Dr. Fredrick Toben”, VffG, 4(1) (2000), S. 97-100.
[11] Florian Körber, Rechtsradikale Propaganda im Internet – der Fall Töben, Dissertation, Logos Verlag, Berlin 2003.
[12] Schreiben der BuPo, Bern, 23. Juli 1998/Br; abschriftlich per E-mail erhalten und wiedergegeben auf: vgl. www.vho.org/censor/CH-Bupo-Brief.html.
[13] Tycho Brahe, “Polizeistaatliche Repression gegen Dissidenten in der Schweiz”, VffG 2(4) (1998), S. 298f.
[14] www.ruf-ch.org.
[15] Persönliche Information zweier Schweizer Kunden, die seither keinen Zugriff mehr auf www.vho.org bekommen können.
[16] http://news.excite.com/news/r/000616/08/france-usa-yahoo; www.oneworld.org/ips2/june00/00_41_003.html; www.guardian.co.uk/freespeech/article/0,2763,400491,00.html; www.tomwbell.com/NetLaw/Ch03/YahooComplaint.html.
[17] New York Times, 3.1.2001.
[18] Der Spiegel, 20. Feb. 2001.
[19] Vgl. Germar Rudolf, “Zensur im Internet”, VffG 6(4) (2002), S. 470-473.
[20] www.heise.de/newsticker/meldung/24721.
[21] Vgl. http://cyber.law.harvard.edu/filtering/google/; cf. AP news release of Oct. 24, 2002; www.sltrib.com/10252002/business/10409.htm; siehe auch Anm. 19.