Das vorliegende Buch erschien erstmals anno 1950 im argentinischen Dürer-Verlag, der nach dem zweiten Weltkrieg gegründet wurde und all jenen Deutschen eine Stimme zu geben versuchte, denen die Besatzungsmächte im besetzten Deutschland mittels Zensur und Medienkontrolle einen Maulkorb umhängten. Ziel dieser alliierten Zensur war es, den Deutschen eine juristische, politische und geschichtliche Verteidigung so schwer wie nur möglich zu machen, um den Siegern des Zweiten Weltkriegs weltweit eine Monopolstellung beim Schreiben der Geschichte zuzugestehen. Das Prinzip „audiatur et altera pars“ – auch der andere Teil möge gehört werden – sollte unterlaufen werden, indem man schlicht der anderen Seite die Stimme verweigerte bzw. sie als illegitim oder gar bösartig (= „nazistisch“) darstellte. Wie wir heute rückblickend wissen, ist das im Wesentlichen gelungen und hat sich bis heute nicht geändert.
Mit seiner klar geschichtsrevisionistischen Orientierung arbeitete der Dürer-Verlag dieser Tendenz der Einseitigkeit und Verlogenheit systematisch entgegen und wurde (und wird immer noch) dafür entsprechend angefeindet und verleumdet. Trotzdem hatte die Verlags-Zeitschrift Der Weg auf ihrem Höhepunkt Anfang der 1950er Jahre eine Auflage von ca. 25.000 Exemplaren und fand besonders auch in Deutschland und Österreich weite Verbreitung.
Zum vorliegenden Buch schrieb der letzte Verleger des Dürer-Verlages, Dieter Vollmer, in seiner Autobiografie:
„Die Arbeit von Mark Lautern brachten wir als Sonderheft unserer Zeitschrift ‚Der Weg – El Sendero‘ heraus. Sie schilderte – ebenfalls aus nächster eigener Anschauung – den absolut würdelosen und korrupten Hintergrund der berühmten Internationalen Militärgerichts-(IMT)-Prozesse in Nürnberg, die ganze widerliche und gerade deswegen so kennzeichnende Atmosphäre, vor der sich dieser Schauprozess abspielte.“ (Dieter Vollmer, Bilanz vom Empfangen und Geben, von eigenem Tun und Erleben, Selbstverlag, Schleswig 1993, S. 140)
Der Name Mark Lautern taucht in den gesamten Nürnberger Prozessunterlagen nirgends auf. Falls es sich um einen Teilnehmer an diesen Prozessen handelte – und die tiefen Einblicke in diese Verfahren zu einem so frühen Zeitpunkt legen dies nahe –, so muss es sich um ein Pseudonym handeln, das bis heute ungelüftet geblieben ist.
Mark Lauterns Buch zu den Nürnberger Nachkriegsprozessen ist keine tiefgreifende, juristisch-wissenschaftliche Analyse, was schon sein bescheidener Umfang unmöglich macht. Sie eignet sich jedoch als eine griffige Einführung in das Thema, weshalb wir sie hiermit – mit wenigen Rechtschreibkorrekturen und einigen Anmerkungen in Fußnoten – neu auflegen. Wer tieferschürfende Literatur sucht, der muss sich anderweitig umsehen. Die Literatur zu den damaligen Prozessen ist recht vielfältig, jedoch überraschenderweise nicht übermäßig zahlreich. Als ich in den Jahren 1992 bis 1994 für einen geschichtlichen Beitrag die gesamte in der Württembergischen Landesbibliothek erhältliche Literatur zu diesen Prozessen auslieh und durcharbeitete, war ich von der Oberflächlichkeit der meisten Werke sowohl gelangweilt als auch schockiert. Kaum ein Autor machte sich die unangenehme Mühe, hinter die Kulissen dessen zu schauen, was von den alliierten Siegern in Nürnberg als große Show abgezogen wurde.
Aus der ganzen Serie von Büchern über diese Prozesse von einer breiten Palette sowohl angesehener als auch weniger angesehener Historiker und Juristen hat sich nur eines als tiefschürfende Studie dieser Verfahren herausgestellt: August von Knieriems Buch Nürnberg: Rechtliche und menschliche Probleme (Klett, Stuttgart 1953).[1] Das Buch hat einen juristischen Ansatzpunkt und beschränkt sich auf die Nürnberger Prozesse selbst. Komplementiert wird diese Studie durch die eingehende Analyse der Vor- und Hintergrund-Geschichte dieser Prozesse, die 1996 vom britischen Historiker David Irving mit seinem Buch des Titels Nürnberg: Die letzte Schlacht vorgelegt wurde (Grabert, Tübingen 1996). Diese beiden Bücher ergänzen einander und belegen akribisch, was im vorliegenden Buch oft nur angeschnitten bzw. angedeutet wird.
Germar Rudolf, 21. Dezember 2021
[1] Dr. jur. von Knieriem, führender Jurist bei der I.G. Farbenindustrie AG, war Angeklagter beim IG-Farben-Prozess, wo er freigesprochen wurde.