Wer argumentiert, dass friedliche Dissidenten bezüglich geschichtlicher Themen wegen ihrer abweichenden Ansichten ihrer Bürgerrechte beraubt, das heißt eingesperrt werden sollen, der ist, wenn er die Macht hat, seine Absichten umzusetzen, nichts anderes als entweder ein Tyrannen (falls er Gesetze schafft, um seine unterdrückerischen Taten zu unterstützen) oder ein Terrorist (falls er außerhalb des Rechts handelt).
Hans-Jürgen Witzsch war ein Geschichtslehrer aus Fürth, der selber gerne in die Archive ging und sich forschend betätigte (siehe z.B. seine Forschung zu Fremdarbeitern im Dritten Reich). Da er sich nicht per Strafgsetz vorschreiben lassen wollte, zu welchen Ergebnissen seine Bemühungen zu kommen hatten, geriet er mit dem deutschen Maulkorbparagraphen in Konflikt und wurde letztlich zu einer dreimonatigen Gesinnungshaft verurteilt. Als er am 10. Dezember 2003 im Alter von 64 Jahren starb, schrieb sein Freund Gerhard Ittner eine Nachruf, den ich in meiner damaligen Zeitschrift veröffentlichte. Das brisante daran war, dass der Autor kurz nach dem Tode von Witzsch selber wegen friedlicher, aber provokativer Meinungsäußerungen verhaftet und vor den Kadie gezerrt wurde, wie ich in einer Fußnote im erwähnten Nachruf vermerkte. In der letzten von mir herausgegebenen Ausgabe meiner damaligen Zeitschrift, kurz vor meiner eigenen Verhaftung in den USA, veröffentlichte ich gar einen kurzen Leserbrief von Gerhard Ittner zum Holocaust-Denkmal in Berlin. Wer ein paar von Gerhard Ittners Texten lesen will, wegen denen er verfolgt wird, kann dies z.B. im Thiazi-Netz tun.
Warum erwähne ich all dies?
Ich erhielt vorgestern eine Email von einem gewissen Christian (die erst einmal im Spam-Ordner gelandet war) mit folgendem Inhalt:
»„Hallo Christian,
ich soll Sie schoen gruessen von Ihrem alten Freund Gerd Ittner. Er ist am 11.4.[2012] verhaftet worden und sitzt jetzt in Beja in U-Haft.
Hier seine Anschrift:
Gerhard Ittner
Estabelecimento Prisional de Beja
Rua de Lisboa Nr. 81
P – 7801-906 Beja
Portugal
Mit freundlichen Gruesen
xxx“
Seit dem in der e-post mitgeteilten Zeitpunkt erhielten wir auch keine Nachrichten mehr von Gerd. Dies erklärt sich nun mit seiner Verhaftung in Portugal.
Das BRD-System hat unlängst versucht, ihn in irgendeine Verbindung zum NSU [National-Sozialistischer Untergrund, angeblich eine Terrororganisation] zu bringen – siehe z.B. hier: [Thüringer Allgemeine]
Offenbar gelang es ihnen auch nur auf diesem Wege, die portugiesischen Kollegen von einer Verhaftung zu überzeugen, da Verurteilungen wegen Holocaustleugnung nicht zwangsläufig für eine Auslieferung ausreichen. So inszenierte man, nachdem Gerd den Ermittlern offenbar ins Visier geraten ist, eine hanebüchene Geschichte, die ihn nach sieben Jahren auf der Flucht zum Verhängnis wurde, sich in der Sache aber als haltlos erweisen wird.
Leider wissen aber offenbar die portugiesischen Beamten zu wenig über die Machenschaften und Inszenierungen der OMF*-Geheimdienste, um dieses böse Spiel zu durchschauen. […]«
Hier ist die entscheidende Passage über Ittner aus der Thüringer Allgemeinen:
“Ittner stand in Beziehung zum harten Kern der Jenaer Terrorzelle. So referierte er beim Thüringer Heimatschutz, dem sich die späteren Terroristen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt angeschlossen hatten. Auch trat Ittner 2002 und 2003 beim Thüringentag der Nationalen Jugend auf, den der frühere NPD-Landesvize, Ralf Wohlleben, organisierte, der wegen des Verdachts der Beihilfe zum sechsfachen Mord in Untersuchungshaft sitzt.”
Um eine Verbindung zwischen einer Person und dem Terrorismus herzustellen, reicht es den Medien also aus, wenn man ein einem bestimmten Ort anwesend war, wo andere ebenfalls irgendwann zugegen waren. Dies bedeutet, dass die Medien und die Behörden in Deutschland nun versuchen, ein Gleichheitszeichen zwischen Terrorismus und Revisionismus zu setzen. Ich bin mal gespannt, wann ich in den Sog dieser Hysterie gerate, da ich Ittner anno 2004/2005 in meiner damaligen Zeitschrift ein Podium gab.
Zuerst holte sie den Nazi. Ich schwieg, denn ich war ja kein Nazi.
Dann holte sie den Nationalisten. Ich schwieg, denn ich war ja kein Nationalist.
Dann holte sie den Patrioten. Ich schwieg, denn ich war ja kein Patriot.
Dann holte sie mich, und es war keiner mehr da, das Schweigen zu brechen.
* OMF steht für “Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft”, ein Begriff, der vom Mitglied des Parlamentarischen Rats und Staatsrechtler Carlo Schmid 1948 geprägt wurde und die Tatsache beschreibt, dass die frühe BRD genau dies darstellte.