Webfehler im Rechtsstaat

“Weh denen, die unheilvolle Gesetze erlassen und unerträgliche Vorschriften machen, um die Schwachen vom Gericht fernzuhalten und den Armen meines Volkes ihr Recht zu rauben, um die Witwen auszubeuten und die Waisen auszuplündern. Was wollt ihr tun, wenn die Strafe naht, wenn das Unwetter von fern heraufzieht? Zu wem wollt ihr flüchten, um Hilfe zu finden, wo euren Reichtum verstecken? Ihr werdet euch unter Gefangenen am Boden krümmen und werdet unter Erschlagenen liegen. Doch bei all dem läßt sein Zorn nicht nach, seine Hand bleibt ausgestreckt.”—Jesaja, 10, 1-4

Überall, wo die Politik und der Zeitgeist massiven Druck auf die Justiz ausüben, muß man damit rechnen, daß es zu vorsätzlichen Fehlurteilen kommt. Hierzu bedarf es weder einer offenkundig unrechtsstaatlichen Verfassung eines Staates noch bürgerkriegsähnlicher Zustände. Bezüglich normaler Strafprozesse gegen Kriminelle dürfte sich das tatsächliche Verfahren zwischen Rechts- und Unrechtsstaaten kaum unterscheiden. Erst in Prozessen, in denen politische Tabuthemen zum Verhandlungsgegenstand werden, erweist sich, ob die Richter eines formal rechtsstaatlich verfaßten Staates diese Formalien im gesamten Verfahren auch durchhalten können, bzw. ob sie sogar gegen ihren Willen durch die Strafprozeßordnung zu einem formell korrekten Verhalten gezwungen werden können. Seit einiger Zeit wird diskutiert, inwiefern die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland durch gewisse zeitgeistige Erscheinungen gefährdet ist. Günter Deckerts Fall, der mit seinen politischen Implikationen kaum zu Widerspruch ermutigen konnte, war hierzu weniger Anlaß als der Solinger Mordprozeß, bei dem sogar das öffentliche Fernsehen gegen die Art der Prozeßführung seine Stimme erhob. Nachfolgend soll anhand eigener Erfahrungen aufgezeigt werden, daß der deutsche Rechtsstaat in seiner Strafprozeßordnung viele Lücken aufweist, die es der Justiz insgesamt wie den Strafrichtern im besonderen einfach machen, vorsätzliche Fehlurteile juristisch unangreifbar, da scheinbar rechtsstaatlich korrekt zu fällen.

Ein bestimmter Fall löste derart massive Angriffe von allen Seiten der deutschen Gesellschaft aus, daß die daraus resultierenden starken politischen Verzerrungen des deutschen Rechtssystems sogar die Rechtsexperten unruhig werden ließ. Es handelt sich dabei um den Fall von Günter Deckert, dem damaligen Vorsitzenden der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). 1991 hatte Deckert eine Vortragsveranstaltung organisiert, während der Fred A. Leuchter, ein US-Experte für Hinrichtungstechniken, über seine technischen und chemischen Untersuchungen zu den angeblichen “Gaskammern” in Auschwitz referierte. Deckert übersetzte diese Rede für die deutschen Zuhörer. Aufgrund dessen wurde er anschließend strafrechtlich verfolgt und zu 12 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Aufgrund des sich an diese Verurteilung anschließenden Wehgeschreis in deutschen wie internationalen Medien sowie wegen des massiven Druckes von deutschen wie internationalen Politikern, wurde Deckert schließlich erneut vor Gericht gestellt – vor ein anderes Gericht mit anderen Richtern – und zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Einer seiner ersten Richter, Dr. Rainer Orlet, wurde mit einer Strafverfolgung bedroht, weil die von ihm verfaßte Urteilsbegründung als zu mild und seine Charakterisierung des Angeklagten als zu positiv betrachtet wurde, denn nach Auffassung von Medien und Politikern grenzte es an rechtsbrecherische Unmoral, einen charakterlich guten Menschen wie Günter Deckert als solchen zu bezeichnen, wenn er die falschen politischen bzw. geschichtlichen Ansichten hat. Letztlich wurde Dr. Orlet “nur” in den vorzeitigen Ruhestand gezwungen.[1]

Deckerts Buch über diese Affäre[2] wurde dann als erneuter Anlaß genommen, ihn vor Gericht zu zerren und zu verurteilen, zusammen mit anderen “Gedankenverbrechen”, die er in der Zwischenzeit begangen hatte, wie etwa die Abfassung ungezogener Briefe an jüdische Persönlichkeiten, den Verkauf wissenschaftlicher, aber verbotener revisionistischer Literatur (meine Grundlagen zur Zeitgeschichte) und die Verbreitung revisionistischer Flugblätter (die von mir verfaßt worden waren). Die gegen Deckert verhängte Gesamtstrafe belief sich schließlich auf über fünf Jahre, die er voll abzusitzen hatte.

Letztlich wurde sogar sein Verteidiger Ludwig Bock strafrechtlich verfolgt mit dem Vorwurf, seinen Mandanten zu fanatisch verteidigt zu haben, indem er die Einführung von Beweisen auf eine Weise beantragt habe, mit der er sich Deckerts verbotene Ansichten zu eigen gemacht habe: Bock hatte beantragt, Bundeskanzler und Bundespräsidenten als Zeugen für die Behauptung antreten zu lassen, daß es politischer Druck sei, der eine offene Diskussion des Holocaust unmöglich mache. Die dahinter liegende Annahme, die etablierte Ansicht über den Holocaust sei politisch verzerrt, wurde dem Anwalt dann als kriminelle Handlung zur Last gelegt und führte tatsächlich zu seiner Verurteilung.[3]

In einem ähnlichen Fall wurde der rechtsgerichtete Strafverteidiger Jürgen Rieger im Jahr 2000 ebenfalls vor Gericht gezerrt, weil er in einem Strafverfahren gegen einen seiner Mandanten im Sommer 1996 beantragt hatte, den sachverständigen Experten Germar Rudolf, also mich, als Zeugen für die vom Gericht als “Gedankenverbrechen” eingestufte Äußerung seines Mandanten auftreten zu lassen, die Vergasungsbehauptungen über Ausch­witz seien unwahr. Jürgen Rieger wurde zwar in erster Instanz vom Hamburger Landgericht freigesprochen, da Rieger als Verteidiger lediglich rechtmäßig die berechtigten Interessen seines Mandanten vertreten habe,[4] jedoch hob der Bundesgerichtshof dieses Urteil auf und forderte, daß jeder Verteidiger, der mit Beweisanträgen Zweifel am Holocaust zu wecken trachte, rücksichtslos strafverfolgt und abgeurteilt werden müsse.[5] Spätestens seit diesen Fällen muß es daher jedem deutschen Richter klar sein, daß er schon beim Versuch, ein mildes Urteil gegen geschichtliche Dissidenten zu verhängen, zumindest seine berufliche Karriere aufs Spiel setzt, und jedem Strafverteidiger muß klar sein, daß er selbst im Gefängnis zu landen droht, sollte er versuchen, einen geschichtlichen Dissidenten effektiv zu verteidigen.

Anstatt also die Unabhängigkeit der Richter gegen mediale und politische Treibjagden zu schützen sowie den Rechtsschutz von Verteidigern, die in Vertretung ihrer Mandanten handeln, zu gewähren, fallen Politik und sogar die Justiz selbst den deutschen Strafrichtern und Strafverteidigern in den Rücken. Man muß derartige staatsterroristische Unrechtsmethoden gegen Richter und Strafverteidiger – von den Angeklagten gar nicht erst zu sprechen – ernsthaft mit jenen vergleichen, die im tiefsten Mittelalter bei den Hexenprozessen angewandt wurden,[6] um zu erkennen, welchen Verrottungsgrad das deutsche Rechtswesen wieder einmal erreicht hat.

Nachfolgend werde ich anhand meiner eigenen Erfahrungen aufzeigen, daß der Rechtsstaat in Deutschland derart viele Schlupflöcher aufweist, daß es dem Rechtssystem im allgemeinen wie den Richtern im besonderen sehr leicht gemacht wird, dem auf ihnen lastenden außerordentlichen politischen Druck nachzugeben und willkürliche, unkorrigierbare Entscheidungen zu fällen, wobei ihnen die Tatsache zugute kommt, daß alles so scheint, als würde es völlig korrekt nach Recht und Gesetz gemacht.

Immer wieder mußte ich bei unterschiedlichstem Publikum dasselbe ungläubige Staunen über den Zustand unserer Strafprozeßordnung erleben, das mich selbst zu Beginn der gegen mich losgetretenen Prozeßlawine überkam. Trotz meiner mangelhaften juristischen Qualifikation sehe ich mich daher genötigt, die Stimme zum Thema zu erheben, da die vielen offensichtlichen formellen Mängel unserer Justiz bisher anscheinend noch nicht sachkundig angesprochen wurden.

Da ich kein Jurist bin, sondern nur durch schmerzhafte Erfahrungen autodidaktisch an das Thema herangeführt wurde, möge man mir Formulierungsschwächen nachsehen. Wenn ich hier auch häufig auf mein Verfahren vor dem LG Stuttgart (Az. 17 KLs 83/94) Bezug nehme, so dienen diese Beispiele doch nur dazu, die bestehenden Probleme beispielhaft aufzuzeigen. Eine ausführliche Auswertung meines Verfahrens muß anderen Arbeiten vorbehalten bleiben.

Keine Wortlautprotokolle

Bis Ende der siebziger Jahre wurde in deutschen Strafprozessen ein Ergebnisprotokoll der Verhandlung geführt, in dem etwa der Inhalt der Aussagen von Zeugen und Einlassungen des Angeklagten niedergelegt wurden. Der Inhalt dieses Protokolls war allerdings schon immer für eine Berufungs- oder Revisionsbegründung völlig irrelevant. Stand zum Beispiel im Protokoll: Der Zeuge sagte A, im Urteil stellte das Gericht aber fest: Der Zeuge sagte B, so galt grundsätzlich die Ausführung im Urteil als Tatsache, die im Protokoll dagegen ist bedeutungslos.

Im Zuge einer Strafrechtsänderung Ende der siebziger Jahre wurde daher aus prozeßökonomischen Gründen die Pflicht zur Führung von Ergebnisprotokollen außer für das Amtsgericht für alle höheren Instanzen aufgehoben. Dadurch erscheint in den Prozeßprotokollen jeweils nurmehr der Vermerk: “Der Zeuge machte Angaben zur Sache”, bzw.: “Der Angeklagte gab eine Erklärung ab”. Über den Inhalt ist dort nichts zu finden, es läßt sich also auch nicht mehr dokumentarisch nachweisen, wenn das Gericht Aussagen falsch wiedergibt.[7]

In anderen Staaten, etwa in Kanada oder in Österreich, wird dagegen wörtlich protokolliert, wer in einer Gerichtsverhandlung was berichtet.

Die Konsequenz dessen ist leicht auszumalen und soll hier an drei Beispielen aus meinem Verfahren kurz erläutert werden.

1. In diesem Verfahren ging es darum, ob ich bei der im April 1993 von Generalmajor O.E. Remerdurchgeführten Verbreitung einer mit politischen Kommentaren versehenen Version meines Gutachtens über die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidver­bindungen in den ‘Gaskammern’ von Auschwitz be­teiligt war oder nicht. Hierbei interessierte sich das Gericht u.a. für die Frage, wie O.E. Remerin den Besitz des Gutachtens kam. Ich hatte im Verfahren ausgeführt, daß O.E. Remer es höchstwahrscheinlich von seinem Anwalt Hajo Herrmann erhalten habe. Dem Gericht war sehr daran gelegen, mich als Lügner zu überführen, und so versuchten die Richter, Hajo Herrmann dazu zu bringen, zuzugeben, daß er kein Exemplar der fraglichen Fassung an seinen Klienten gesandte habe. Für seine Veröffentlichung hatte Remer die “zweite Fassung der dritten Auflage” meines Gutachtens verwendet, die das Gericht Fassung “F2” nannte.[8] Nach dem Prozeßbericht eines Beobachters verlief die Vernehmung des Zeugen Herrmann am 6.12.1994 etwa wie folgt:

“Sodann wird der Zeuge RA Hajo Herrmann, Jahrgang 1913, gehört. Er bestätigt, den Angeklagten im Sommer 1991 mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt zu haben. Der Zeuge führt aus, er habe vom Angeklagten immer alle Gutachtenversionen erhalten und ein Exemplar davon immer an seinen Mandanten Remer weitergeleitet. Später führt der Zeuge aus, er wisse nicht, ob er im November oder Dezember 1992 noch ein Gutachten erhalten habe. Auf Nachfrage der Richter meint er, er könne dies fast ausschließen und glaube auch nicht, Remer im Revisionsverfahren noch eine neue Gutachtenversion zukommen gelassen zu haben. Später meint er, die im November 1992 versandte erste Version der 3. Auflage sei die letzte gewesen, die er erhalten habe. Auf eine Nachfrage des Angeklagten (die die Richter zuerst unterbinden wollten), ob der Zeuge die in der ersten Version der 3. Auflage vom November 1992 aufgeführte Gliederung für richtig halte, erinnerte sich der Zeuge, daß er telefonisch eine Umstellung erbeten habe. Dadurch gelangt der Zeuge zu der Auffassung, daß er wohl doch auch die zweite, auf seine Anregung hin umgestellte Version der 3. Auflage erhalten haben muß [in der Gerichtsterminologie die Fassung F2, die Remer als Vorlage diente]. Zudem könne er nicht ausschließen, daß Remer auch im Revisionsverfahren noch Unterlagen mit neuen Gutachtenversionen erhalten habe. Er gibt Herrmann an, das Gutachten sowohl im Berufungs- als auch im Revisionsverfahren gegen Remer eingereicht zu haben. Darauf führt das Gericht aus, in keinem der beiden Akte sei ein solches Gutachten gefunden worden. Auf die Widersprüchlichkeit seiner Aussagen aufmerksam gemacht, meint der Zeuge Herrmann, er könne sich bei dem umfangreichen Material der vielen Verfahren, in denen er tätig sei, nicht um jedes Schriftstück derart kümmern, daß er heute noch in der Lage sei, sich an alles zu erinnern. Er sei im Laufe der Zeit in 12 bis 15 Verfahren tätig gewesen, in denen er das Gutachten brauchte, neben all den anderen Verfahren. Für ihn, den Zeugen, sei das Gutachten des Angeklagten ein Schriftstück unter unzähligen anderen gewesen, weshalb es ihm nicht mehr möglich sei, sich an Einzelheiten zu erinnern.”

Man erkennt daraus, daß der Zeuge Herrmann grundlegend verwirrt war und sich nicht mehr an Details erinnern konnte, wann er wem welche Fassung zugesandt hatte. Aber zumindest erinnerte sich Herrmann deutlich daran, daß er Änderungen an dem Gutachten erbeten hatte, so daß er logisch schlußfolgerte, daß er die Fassung mit den erwünschten Änderungen von mir bekommen hatte; immerhin war diese Fassung ausdrücklich auf Veranlassung des Zeugen erstellt worden. Das Gericht stellt die Aussagen des Zeugen auf Seite 199 des Urteils allerdings wie folgt dar:[9]

“Die Beweisaufnahme hat dem gegenüber ergeben, daß Rechtsanwalt Herrmann wohl niemals, jedenfalls aber nicht im Jahre 1992 oder im ersten Quartal 1993 in den Besitz der Fassung ‘F2’ gekommen ist und daß er sie nicht an Remer versandte. So legte der Zeuge Herrmann in der Hauptverhandlung die Fassung ‘F1’ als die letzte Version des ‘Gutachtens’ vor, die ihm zugegangen sei, wobei er nicht sagen konnte, wann er in den Besitz dieser Version kam. Des weiteren gab er glaubhaft an, er habe mit Remer nach der Hauptverhandlung in Schweinfurt vom 22.10.1992 wegen des ‘Gut­achtens’ keinen Kontakt mehr gehabt. Er könne sich nicht daran erinnern, Remer im Dezember 1992 ein Exemplar des ‘Gutachtens’ zugesandt zu haben.”

Die Differenz zwischen beiden Ausführungen ist offensichtlich: Der unabhängige Beobachter berichtet, Herrmann habe seine anfängliche Aussage revidiert, nachdem ich ihn dazu brachte, sich daran zu erinnern, daß Herrmann selbst die Erstellung dieser besonderen Fassung “F2” erbeten hatte, was zu der logischen Schlußfolgerung führt, daß er selbstverständlich zumindest ein Exemplar dieser von ihm angeforderten Fassung erhielt. Aber das Gericht “vergaß” dieses Detail einfach. Aus seinen eigenen fehlerhaften Ausführungen schluß­folgerte das Gericht auf Seite 202f.:

“Die Tatsache, daß der Angeklagte bewußt eine falsche Version darüber verbreitete, wie es zu der Remeraktion kommen konnte, ist ein besonders deutliches Indiz dafür, daß er an der Remeraktion beteiligt war.”

2. Das Gericht war sehr daran interessiert, nachzuweisen, daß ich meiner Schwester von den Kommentaren Remers berichtet hatte, bevor Remerseine Verbreitungsaktion des Gutachtens angefangen hatte, was nur dann möglich gewesen wäre, wenn ich über die Hinzufügung besagter Remerscher Kommentare zumindest unterrichtet worden wäre. Die ersten von Remerausgesandten Exemplare meines Gutachtens erreichten ihre Adressaten wenige Tage nach Ostern 1993. Wenn ich meiner Schwester vor Ostern von diesen Kommentaren berichten konnte, so wäre dies mein “Sargnagel” gewesen. Meine Schwester sagte nach dem oben erwähnten unabhängigen Prozeßbericht am 24.1.1995 folgendes aus:

“Die Schwester des Angeklagten führt aus, sie habe von ihrem Bruder bei einem Besuch kurz vor Ostern 1993 (10.-12.4.1993) erfahren, Remer habe das Gutachten, das er von seinem Anwalt erhalten habe, mit rassistisch-antisemitischen Kommentaren versehen und gegen seinen Willen verbreitet. In dem Zusammenhang sei auch von einer einstweiligen Verfügung gegen Remer die Rede gewesen. Die Nachfrage, ob die Remer-Aktion von ihrem Bruder als bereits geschehenes oder als drohendes Ereignis berichtet wurde, kann sie mangels Erinnerung nicht beantworten. Es sei aber möglich, daß die Aktion damals schon passiert gewesen sei. Tatsächlich habe sie mit ihrem Bruder immer wieder über dieses Thema gesprochen, wenn man ca. alle 14 Tage miteinander telefoniert habe. Auf intensives Nachhaken des Gerichts über inhaltliche wie chronologische Details der damaligen Abläufe zeigt sich die Zeugin völlig überfordert und zusehend eingeschüchtert. Auf Nachfrage ihres Bruders gibt sie an, sie könne sich nicht mehr genau daran erinnern, wann genau sie von ihrem Bruder welche Nachricht zu diesem Thema erhalten habe. Sie könne nur noch ihren Gesamteindruck schildern.”

Das Gericht schildert diese Zeugenaussage wie folgt (S. 210):

“Im übrigen gab die Schwester des Angeklagten an, er habe ihr gegenüber die Absicht, auf die Remer-Fassung eine ‘autorisierte’ Fassung folgen zu lassen, bereits Ostern 1993 (11./12.04.1993) geäußert. Zur Begründung habe er angeführt, Remer habe das ‘Gutachten’ mit rassistischen Äußerungen gespickt. Nach eigenen Angaben will der Angeklagte aber die Remerversion erstmals am 16. April 1993 bei seinem Doktorvater Schnering gesehen und erst hierbei Kenntnis von den Remerzusätzen erhalten haben. Die Tatsache, daß er sich schon vor diesem Zeitpunkt auf ‘rassistische Äußerungen’ Remers berief, ist ein weiteres Indiz dafür, daß der Angeklagte bereits vor der Remeraktion Kenntnis davon hatte.”

Nach Aussage des unabhängigen Beobachters erklärte meine Schwester allerdings, es sei möglich, daß die Versandaktion schon zu Ostern passiert war, was offensichtlich falsch ist – alle Exemplare gingen erst nach dem 15.4.1993 bei ihren Adressaten per Briefpost ein. Auch die erwähnte einstweilige Verfügung kam erst ins Gespräch, nachdem ich von meinem damaligen Arbeitgeber dazu aufgefordert worden war, also nachdem dieser die von Remer versandten Gutachten erhalten hatte. Dies beweist, daß die Zeugin sich an die genaue Chronologie, wann sie was von mir erfahren hatte, nicht mehr erinnern konnte, was auch durch ihre Antworten sowohl auf meine Fragen als auch auf die der Richter bestätigt wird. Sie konnte sich schlicht nicht mehr daran erinnern, wann genau sie was von mir gehört hatte. Die Tatsache, daß sich die Zeugin nicht mehr an die Reihenfolge und Zeitpunkte der Ereignisse erinnern konnte, wurde in der Urteilsbegründung aus ersichtlichen Gründen einfach ausgelassen. Wer von uns kann sich schon genau auf den Tag daran erinnern, wann er was von einem Geschwister vor zwei Jahren gehört hat? Für das Gericht jedoch war dies ein Meilenstein auf seinem Weg zu meiner Verurteilung.

3. Eine andere Methode, mich als angeblichen Lügner zu überführen, lag in dem Versuch des Gerichts, meine Angaben über meine Kontakte mit dem Ehepaar Remerals Lügen bloßzulegen. Indem es versuchte aufzuzeigen, daß ich meine Kontakte mit Remerzu verbergen suchte, versuchten sie nachzuweisen, daß ich tatsächlich ein Teil jener Verschwörung war, um die Wahrheit vor dem Gericht zu verbergen. Über die Kontakte des Angeklagten zu O.E. Remer berichtet der Prozeßbericht zum 22.11.1994 folgendes:

“Dabei erwähnte er [der Angeklagte] u.a. seine bisherigen vier Begegnungen mit O.E. Remer, wobei die letzte Anfang Mai 1993 stattfand. Damals habe er durch einen Mittelsmann eine Unterlassungserklärung mit Remer telefonisch aushandeln lassen. Diese habe der Mittelsmann dann entsprechend vorformuliert und ihm, dem Angeklagten, übergeben. Remer habe sie kurz danach in Gegenwart des Mittelsmannes und seiner Person unterschrieben. Auf die Frage, warum er die Unterlassungserklärung nicht selbst ausgehandelt habe, erklärt der Angeklagte, er habe keinen Kontakt zu Remer unterhalten und auch dafür keinen herstellen wollen.”

Zum 24.1.1995 liest man dort:

“Zuletzt wird eine vom Angeklagten ausgefüllte, aber nicht abgesandte Einladung zu einem revisionistischen Treffen in Roding vom Sommer 1991 eingeführt, die von O.E. Remer organisiert worden sei. Der Angeklagte gibt an, wegen der angekündigten Teilnehmer Prof. R. Faurisson und Dr. W. Stäglich Interesse an der Veranstaltung gehabt zu haben. Allerdings sei er nicht dort gewesen, wie auch daraus hervorgehe, daß er die Einladung eben nicht abgeschickt habe. Daß Remer die Veranstaltung geleitet habe, sei ihm damals nicht aufgefallen.

Der Verteidiger gibt an, er selbst habe an diesem Treffen teilgenommen, könne sich jedoch nicht erinnern, seinen heutigen Mandanten dort gesehen zu haben.”

Das Gericht schildert beide Vorkommnisse, die es als Beweise der Unglaubwürdigkeit des Angeklagten interpretiert, wie folgt (S. 148ff.):

“Zum einen nahm er [der Angeklagte] an der von Remer einberufenen geschlossenen revisionistischen Veranstaltung vom 29.6.1991 [in Roding] teil, bei der Remer das Grußwort sprach (S. 49). Dies zeigt die Kopie eines bei ihm gefundenen ausgefüllten Anmeldeformulars. Der Angeklagte hat dies auch nicht bestritten. [Eine glatte Lüge!…]

Außerdem räumte er schließlich ein, Remer am 2.5.1993 in Bad Kissingen im Zusammenhang mit der Fertigung der Verpflichtungserklärung (S. 124) gemeinsam mit Philipp aufgesucht zu haben. Diesen Kontakt versuchte der Angeklagte zunächst zu verschleiern. Bei seiner ersten Einlassung in der Hauptverhandlung gab er über das Zustandekommen dieser Erklärung an, er habe Remer, nachdem dieser auf seine schriftlichen Abmahnungen nicht reagiert habe, ‘über einen Mittelsmann’ angesprochen. Dieser Mittelsmann habe den Text der Erklärung mit Remer ausgehandelt und ihm übergeben. Zur Begründung dafür, warum er einen Mittelsmann eingeschaltet habe, gab er an, er selbst habe mit Remer keinen direkten Kontakt haben wollen.

Auch sonst versuchte der Angeklagte seine Haltung zu Remer bewußt falsch darzustellen. Dies zeigt etwa das oben genannte Schreiben des Angeklagten an Rechtsanwalt Herrmann vom 20.12.1992. […] Anschließend schildert der Angeklagte [in diesem Brief] die angeblich einzigen drei Begegnungen mit Remer. […]

Bezeichnend ist im übrigen, daß sein Schreiben an Rechtsanwalt Herrmann die Beziehung zu Remer durch Auslassen dieser beiden Ereignisse [Revisioni­stentref­fen in Roding und Vermittlung der Publikation der von Remer herausgegebenen Broschüre Die Zeit lügt!, Verlag Remer Heipke, Bad Kissingen 1992[10]] bewußt unvollständig schildert. Die Kammer ist daher davon überzeugt, daß es nicht die wahren Verhältnisse und die wirkliche Meinung des Angeklagten über Remer widerspiegelt, sondern ausschließlich zum Zwecke der Absprache für das Ermittlungsverfahren verfaßt wurde.”

Da in der Hauptverhandlung tatsächlich das Original der Einladung zum Revisionistentreffen in Roding eingeführt wurde, und nicht, wie die Kammer in der Urteilsbegründung ausführt, eine Kopie, liegt es nahe, daß ich tatsächlich nicht bei dem Treffen in Roding anwesend war. In einem später veröffentlichten Beitrag bestätigte mein Verteidiger den Bericht des unabhängigen Beobachters und kritisierte das Gericht harsch für diesen recht merkwürdigen Fehler.[11] Tatsächlich hatte ich während der Hauptverhandlung ausdrücklich bestritten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben.

Es gibt noch andere Hinweise darauf, daß der Bericht des unabhängigen Beobachters bezüglich meiner Angaben tatsächlich richtig ist. Zieht man zum Beispiel in Betracht, daß es bei der Vermittlung zur Publikation der Broschüre Die Zeit lügt! zu keiner Begegnung oder Korrespondenz zwischen Remer und mir kam (noch nicht einmal das Gericht hat das behauptet), daß nicht ich es war, der entschied, Remers Name und Verlag ins Impressum der Broschüre zu setzen,[12] und daß ich in meinen vom Gericht zitierten Briefen und Aussagen stets von tatsächlichen Kontakten mit Remer gesprochen hatte – im Zusammenhang mit der Broschüre Die Zeit lügt! gab es solche Kontakte nicht – so fragt sich, wer hier unglaubwürdig ist.

Es ließen sich noch eine große Anzahl ähnlicher Fälle aufzeigen, in denen das Gericht andere Angaben über die Ausführungen von mir oder der Zeugen macht als der Prozeßbericht. Da die abweichenden Behauptungen des Gerichtes immer nur zu meinem Nachteil ausfielen, ist klar, daß es sich hierbei nicht um Irrtümer, sondern um absichtliche Fehler handelt, also um Lügen der drei Richter.

Verdunkelung des Beweisziels

Es scheint deutschen Gerichten möglich zu sein, Beweismittel, deren Beweiszweck während des Prozesses im Nebel bleibt, in der Urteilsbegründung plötzlich als zentrale Belastungsbeweise vorzustellen, indem das Gericht sie in einer Art interpretiert, die während der Verhandlung unerwähnt blieb. Damit wird es der Verteidigung unmöglich gemacht, gegen zunächst harmlos erscheinende Beweismittel Gegenbeweise einzuführen, da niemand weiß, zum Beweis welcher Tatsache das Gericht ein Beweisstück einführt.

Wenn die Verteidigung ein Beweisstück eingeführt haben will, so muß sie den Beweiszweck immer gleich mit angeben, damit das Gericht über den Beweisantrag beschließen kann. Dem Gericht selbst hingegen scheint dies nicht vorgeschrieben zu sein.

Hierzu sei nur ein Beispiel gegeben. Das Gericht interpretiert bestimmte verlegerische Details der von Remer verwendeten Originalversion meines Gutachtens sowie der später von mir herausgegebenen autorisierten Fassung des Gutachtens als Beweis dafür, daß die Remer-Aktion wie die danach folgende Herausgabe einer autorisierten Fassung eine einheitliche Aktion gewesen sei. Als eines der Hauptbeweise dafür führt das Gericht den Umstand an, daß in der im November 1992 erstellten Gutachtenfassung F2 in der am Ende des Gutachtens angeführten Danksagung Prof. R. Faurisson nicht aufgeführt werde. Diesem werde erst in der im Juli 1993 publizierten autorisierten Fassung des Gutachtens auf der ersten Umschlaginnenseite ausführlich gedankt. Das beweise, daß bereits im November 1992 die autorisierte Fassung geplant worden sei (Urteil S. 93, 208ff.). Daß ich die Danksagung an Faurisson aus der Gerichtsfassung F2 des Gutachtens 1992 deshalb strich, weil ich als Gutachter meine Ablehnung wegen Befangenheit befürchtete, wenn die Gerichte herausfanden, daß ich in Kontakt und auf guten Fuße mit dem weltweit führenden Revisionisten war, und nicht, weil ich damals schon plante, Faurisson später an herausgehobener Stelle der autorisierten Fassung zu danken, kam den Strafrichtern natürlich nicht in den Sinn. Die gesamte, sich um diese Danksagungsthese spinnende, erst im Urteil auftauchende Argumentation, basierend auf den verschiedenen als Beweisstücken eingeführten Gutachtenversionen, wurde an keinem der 29 Verhandlungstage des Verfahrens auch nur peripher erwähnt, so daß die Verteidigung gegen diese angeblichen Beweise der Schuld des Angeklagten keine Gegenbeweise vorbringen konn­te.

Beweiseinführung nach Urteilsspruch

Auch vor der rechtlich unzulässigen Methode, Beweise erst nach Abschluß der Hauptverhandlung einzuführen, schreckte das Gericht nicht zurück, um mich als unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Als angeblichen Beweis dafür, daß ich Zeugen manipuliert habe, führt das Gericht auf Seite 170f. des Urteils aus:

“Des weiteren wurde, wie der Angeklagte in der Hauptverhandlung selbst vortrug, bei einer Durchsuchung seiner Wohnräume am 27.3.1995, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Tübingen wegen des Buches ‘Grundla­gen zur Zeitgeschichte’ stattfand, ein weiterer Computer des Angeklagten gefunden, in dem sich ein Antwortenkatalog fand, der eine Vernehmung des Zeugen Dill vor der Kammer betraf.”

Zunächst ist die Darstellung des Gerichts irreführend, denn ich hatte zwar vorgetragen, man habe meinen Rechner beschlagnahmt, nicht aber, auf diesem habe sich ein Antwortenkatalog befunden. Tatsächlich wurde dieses vom Gericht entsprechend titulierte Dokument in der Hauptverhandlung zwar erwähnt, aber auf Anfrage meines Verteidigers ausdrückliche nicht als Beweisstück in die Verhandlung eingeführt, so daß die Verteidigung sich nicht veranlaßt sah, gegen diese Unterstellung einen Gegenbeweisantrag zu stellen, der geklärt hätte, daß es sich nicht um einen Antwortkatalog in bezug auf eine ausstehende Zeugenvernehmung handelte, sondern um eine Aufstellung dessen, was der Zeuge Dill während seiner ersten Vernehmung ausgesagt hatte. Zudem war diese Aufstellung nach dessen Vernehmung angefertigt worden, konnte also gar nicht dazu dienen, den Zeugen zu manipulieren.

Grundlose Ablehnung von Auslandszeugen

Mitte der achtziger Jahre wurde das Strafprozeßrecht dahingehend geändert, daß Anträge zur Einvernahme von Auslandszeugen in ihrem Heimatland grundsätzlich abgelehnt werden können. Im Laufe des Verfahrens wegen Remers Fassung meines Gutachtens stellte sich heraus, daß einige ausländische Revisionisten direkt oder indirekt an dieser Aktion beteiligt waren. Da diese Ausländer bei Einreise nach Deutschland mit ihrer Festnahme wegen revisionistischer Aktivitäten rechnen mußten, wäre eine Einvernahme im Ausland notwendig gewesen. Dank der neuen Gesetzeslage war es dem Gericht möglich, in der Endphase des Verfahrens mehrere Anträge der Verteidigung abzulehnen, die darauf abzielten, zu zentralen Fragen Auslandszeugen im Ausland anzuhören. Welche Auswirkungen dies auf die Urteilsfindung haben konnte, ist offensichtlich.

Verwehrung der Berufung

In Strafsachen, bei denen die Rechtsordnung der Bundesrepublik außerordentlich stark gestört wurde, gibt es die Möglichkeit, das Verfahren direkt in der zweiten Instanz vor dem Landgericht zu führen. Dadurch hat der Angeklagte nur eine Hauptverhandlung, während der Tatsachen verhandelt werden. Es bleibt ihm nachher nur noch die Möglichkeit, wegen Formfehlern eine Revision vor dem Bundesgerichtshof zu beantragen. Erfahrungsgemäß wird die Revision aber so gut wie immer abgelehnt, wenn nur die Verteidigung sie fordert.

Wer aufgrund welcher Kriterien feststellt, wann die Rechtsordnung der BRD besonders stark verletzt wurde, bleibt offen. Auf jeden Fall dürfte dies für “Verge­hen” zutreffen, die massiv gegen politische Tabus verstoßen. In solchen Fällen, wo es um die ganze Existenz des Angeklagten geht, hat er also keine Möglichkeit, in einer zweiten Tatsacheninstanz noch einmal die Beweisaufnahme zu eröffnen.

Daß sich neuerdings Bestrebungen zeigen, auch in Verfahren wegen kleinerer Delikte vor dem Amtsgericht die Berufung zu verwehren, um die Gericht zu entlasten, weist darauf hin, wie eng der Spielraum zunehmend für denjenigen wird, der in die Mühlen der Justiz geraten.

Willkürliche Beweiswürdigung

Auch wenn das Gericht im Laufe eines Verfahrens Beweisstücke eingeführt hat, die seine kunstvoll gebaute Indizienbrücke zum Einsturz bringen, so ist dies kein Grund, ein Urteil aufzuheben. Auch hierzu sei ein Beispiel angeführt.

In meinem Fall etwa hat das Gericht die These aufgestellt, ich hätte bereits im Oktober 1992 geplant, in einer einheitlichen Aktion die Remersche Fassung und anschließend die autorisierte Fassung meines Gutachtens herauszubringen (Urteil S. 207ff.).

Zugleich hat das Gericht am 16.2.1995 ein Schreiben von mir an Mark Weber vom 22.5.1993 eingeführt, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, daß ich bis Ende Mai 1993, also einen Monat nach Abschluß von Remers Versandaktion, immer noch nicht wußte, wo ich meine autorisierte Fassung des Gutachtens publizieren kann, was ohne Zweifel die These des Gerichts widerlegt, ich hätte die Herausgabe der autorisierten Fassung bereits im Vorfeld der Remer-Aktionaktion angestrebt.

Ein zweites Beispiel für die auch von Logik befreite Beweiswürdigung des Gerichts sei hier erläutert. In dem Urteil gesteht das Gericht mir zu, ich habe mit meinem Gutachten auf das bürgerliche Lager abgezielt (Urteil S. 23f., 108f., 210), so daß ich darauf geachtet habe, daß es in keinen unseriösen Zusammenhang gebracht werde (Urteil S. 17ff., 196f., 218). Dies wird durch die umfassende Beweislage, insbesondere durch die am 13.6.1995 durch meinen Verteidiger eingeführten Schriftstücke gestützt, wobei es sich um eine Reihe von Briefen handelt, die ich zwischen 1991 and 1993 verfaßt hatte und die alle klar darlegen, daß ich nicht bereit war, irgendwelche politischen oder polemischen Kommentare in meinem Gutachten oder auch nur in dessen Zusammenhang zu dulden. Wenn man dieser Logik folgt, dann hätte ich aber nach der These des Gerichts allein sachlich-seriöse Fassungen des Gutachtens an das Großbürgertum verschicken dürfen, niemals aber eine wie die Remers mit polemischen Kommentaren. Über diesen logischen Widerspruch im Urteil kann sich das Gericht nur dadurch hinwegsetzen, daß es schlicht behauptet, ich habe mich eben mit den Kommentaren Remers “verrechnet” (S. 228).

Belastende Entlastungsbeweise

Nachdem das Gericht auf diese Weise zu einem Schuldspruch gelangt war, dienen ihm die Entlastungsbeweise, die ich in das Verfahren eingeführt hatte, nur als Beweis für meine kriminelle Energie, seien doch diese Entlastungsbeweise teilweise fingiert (Urteil S. 13, 22, 65, 118-126, 131, 175, 192) und dienten nur der Täuschung des Gerichtes:

“Zu Lasten des Angeklagten war insbesondere die hohe kriminelle Energie zu berücksichtigen, mit der die Tat begangen wurde. Der Angeklagte handelte auf Grund einer ausgeklügelten und besonders raffinierten und verdeckt ausgeführten Strategie, die mit großem Vorbedacht gewählt worden war, zahlreiche Täuschungen und Manipulationen beinhaltete und deswegen besonders schwer zu durchschauen war.” (Urteil S. 237)

Daraus folgt:

“Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte gem. § 56 StGB nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.” (Urteil S. 238)

Denn:

“Sie [die Tat des Angeklagten] ist im Gegenteil, wie dargestellt, auf Grund der kalkuliert-raffinier­ten und verdeckten Art, in der sie begangen wurde, als besonders gravierend anzusehen.” (Urteil S. 240)

Schlußfolgerungen

Wenn in der BRD ein Richter oder ein Richterkollegium ein Unrechtsurteil fällen möchte, so ist dies angesichts der strafprozessualen Gegebenheiten ohne weiteres möglich, sofern sie sich sicher sein können, daß es keine Lobby gibt, die in der Öffentlichkeit für Gegenwehr sorgen kann.

Die Angaben von Zeugen und Angeklagten lassen sich nach Belieben manipulieren. Beweismittel lassen sich im Urteil nach Belieben interpretieren oder gar nachträglich einführen. Eingeführte Beweismittel können unauffällig übergangen und ausländische Zeugen nach Gutdünken abgelehnt werden.

Entlastungsbeweise lassen sich als Täuschungsmanöver des Angeklagten abtun und dienen so als Beweis für die besondere Strafwürdigkeit des Angeklagten. Eine zweite Instanz zur Ermöglichung einer Korrektur dieser Maßnahmen läßt sich bei entsprechendem öffentlichen Bedarf ausschließen, und die Beweiswürdigung des Gerichts ist weder an die eingeführten Beweismittel noch an die Logik gebunden.

Die Frage, wie man solchen Zuständen Herr werden könnte, um zukünftigen Mißbrauch möglichst einzuschränken, wäre von redlichen Juristen und Politikern zu beantworten.

Nachbemerkung

Das Gericht begründete seine Weigerung, die Freiheitsstrafe gegen mich zur Bewährung auszusetzen, einerseits mit meiner angeblich hohen kriminellen Energie und andererseits mit meiner schlechten “Sozialprognose”, da ich meinen revisionistischen Auffassungen nicht nur nicht abgeschworen habe, sondern ihnen sogar verstärkt anhänge und sie propagiere. Beweis dafür sei das von mir unter Pseudonym herausgegebene Buch Grundlagen zur Zeitgeschichte, das zu Beginn meines Verfahrens frisch auf den Buchmarkt kam, sowie das auf meinem Rechner gefundene, fast vollendete Buch Auschwitz: Nackte Fakten.[13]

Somit wurde mir eine Tat strafverschärfend zur Last gelegt, die noch gar nicht durch ein rechtskräftiges Urteil als strafbar festgestellt worden war, sowie ein Werk, daß zur Zeit des Urteilsspruchs noch nicht publiziert war, mithin also noch gar keinen Straftatbestand erfüllen konnte. Dies ist nach bundesdeutschem Recht zulässig, weil ein Strafgericht bei der Strafzumessung auch Einstellungen des Angeklagten bei der Strafzumessung zu berücksichtigen hat. Bei kriminellen Taten soll damit die Persönlichkeit des Täters gewürdigt werden. Wenn das Gericht aber politisch unwillkommene Meinungsäußerungen als Straftat aburteilt, kann sich die geschichtsrevisionistische Gesinnung natürlich nur strafverschärfend auswirken. Durch diese Hintertür wurde das Verfahren gegen mich somit zu einem Gesinnungsprozeß.


Anmerkungen

Erstellt nach der Hausdurchsuchung im Verlag der Freunde Ende November 1995, als klar war, daß die Dokumentation zu meinem Prozeß nicht würde erscheinen können; entnommen den Staatsbriefen 1/1996, Verlag Castel del Monte, Postfach 14 06 28, 80456 München, S. 4-8; wieder veröffentlicht im Buch von Germar Rudolf, Kardinalfragen an Deutschlands Politiker: Autobiographische Skizzen und Gedankensplitter zu Wissenschaft, Politik und Menschenrechten, zweite, revidierte und erweiterte Auflage, Juli 2012, Uckfield (East Sussex): Castle Hill Publishers

[1] Siehe G. Herzogenrath-Amelung: “Gutachten im Asylverfahren von Germar Rudolf”, VffG, 6(2) (2002), S. 176-190, hier S. 180-182.
[2] Günther Anntohn, Henri Roques, Der Fall Günter Deckert, DAGD/Germania Verlag, Weinheim 1995 (Landgericht Mannheim, Az. (13) 5 Ns 67/96) (www.vho.org/D/Deckert)
[3] Rudi Zornig, “Rechtsanwalt wegen Stellung von Beweisantrag verurteilt”, VffG 3(2) (1999), S. 208. Bei späteren Verteidigungsmandaten änderte Bock anschließend seine Verteidigungsstrategie. Bei der Verteidigung des australischen Revisionisten Dr. Fredrick Töben im November 1999 schwieg er völlig, um weitere Strafverfolgungen zu vermeiden, wodurch eine Verteidigung von Dr. Töben freilich unmöglich wurde. Dies war schließlich ein Grund, warum der BGH das Urteil aufhob, Az. 1 StR 184/00, 12.12.2000; vgl. Tatjana Hörnle, “Verbreitung der Auschwitzlüge im Internet”, Neue Strafrechts-Zeitung 6 (2001), S. 305-311.
[4] Hamburger Morgenpost, Nov. 14, 2000; vgl. “Verteidiger Rieger siegt in Verfahren wegen ‘unzulässiger Verteidigung’”, VffG 4(3&4) (2000), S. 457.
[5] BGH, Az. 5 StR 485/01; Sigmund P. Martin, Juristische Schulung, 11/2002, S. 1127f.; Neue Juristische Wochenschrift 2002, S. 2115, Neue Strafrechts-Zeitung 2002, S. 539; vgl. die deutsche Tagespresse vom 11.4.2002 (taz, Bild, Frankfurter Rundschau, Stuttgarter Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, alle auf Seite 2!).
[6] M. Bauer (Hg.), Soldan – Heppe, Geschichte der Hexenprozesse, bes. Band I, Müller, München 1912, S. 311ff.; sogar eine Offenkundigkeitsregelung, ganz so wie in Sachen Holocaust, gab es bei den Hexenprozessen, vgl. W. Behringer, Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, dtv, München 1988, S. 182; vgl. meine Ausführungen dazu unter dem Pseudonym W. Kretschmer, “Der mittelalterliche Hexenprozeß und seine Parallelen in unserer Zeit”, Deutschland in Geschichte und Gegenwart 41(2)(1993) S. 25-28 (www.vho.org/D/DGG/Kretschmer41_2.html).
[7] Es gibt allerdings die Möglichkeit, daß die Verteidigung die Aussagen durch eine eigens dafür beauftragte Schreibkraft mitstenografieren und anschließend abtippen läßt. Anschließend wird dann der Antrag gestellt, diese Aussagen zu Protokoll zu nehmen. Derlei Anträge werden aber prinzipiell abgelehnt, da die Strafprozeßordnung solche Niederschriften nicht vorsieht. Um dem Gericht die Ablehnung eines solchen Antrags mit der billigen Begründung zu verwehren, die Niederschrift sei inhaltlich unrichtig, sollte der Antrag zudem vor Entlassung der einzelnen Zeugen bzw. unmittelbar nach Ende einer Einlassung des Angeklagten oder des Verteidigers erfolgen. Dadurch können durch Rückfragen an die Zeugen oder den Angeklagten Zweifel des Gerichts zerstreut werden. Auf diese Weise würden zwar die dem – abgelehnten – Antrag beigelegten Niederschriften der Aussagen ins Protokoll gelangen, sie wären jedoch als solche immer noch irrelevant in Berufungs- wie Revisionsverfahren. Der vom Angeklagten zu tragende Aufwand an Zeit und Geld für eine solche Vorgehensweise bei einem dreißigtägigen Verfahren mit über zwanzig Zeugen dürfte jedoch klar machen, wie unsinnig dieses Szenario ist.
[8] Die erste Ausgabe wurden in nur 15 fotokopierten Exemplaren im Januar 1992 versandt, die zweite, korrigierte im Februar 1992, die erste Fassung der dritten Auflage im November 1992 sowie eine leicht revidierte Fassung davon (zweite Fasssung) im Dezember 1992.
[9] Der gesamte Urteilstext kann online eingesehen werden: www.germarrudolf.com/persecute/docs/ListPos1_d.pdf
[10] Online: www.vho.org/D/Beitraege/Zeit.html.
[11] G. Herzogenrath-Amelung, aaO. (Anm. 1), S. 186f.
[12] Diese Broschüre wurde im wesentlichen von mir verfaßt (unter vier Pseudonymen), aber von Karl Philipp zur Veröffentlichung fertiggestellt, der an ihr einige Veränderungen vornahm und Remer als Herausgeber und Verleger hinzufügte, um mich rechtlich zu schützen (was auch funktionierte). Soviel ich weiß, war Remer bei der Herstellung dieser Broschüre nicht beteiligt gewesen, und ich war niemals an ihrem Vertrieb beteiligt. Es gab daher keine Verbindung zwischen meinem Verfassen der Broschüre – ohne jede Intention, es für Remer zu tun – und der Tatsache, daß Philipp Remers Namen auf die Broschüre setzte (womöglich gar ohne Remers Wissen), nachdem sie von mir fertiggestellt worden war. Freilich habe ich mich nie über diese Formalie beschwert, zumal es realistisch gesehen keinen anderen Weg gab, diese Broschüre schnell zu veröffentlichen, als jenen, den Philipp einschlug – was notwendig erschien, da es sich bei der Broschüre um eine Reaktion auf eine Artikelserie in der Wochenzeitung Die Zeit handelte. Und zumal ich nicht gedachte, meine Pseudonyme zu lüften, konnte es mich ohnehin nicht jucken, welcher Name auf der Broschüre stand. Zum Hintergrund der für diese Broschüre verwendeten Pseudonyme vgl. online: www.vho.org/D/Beitraege/Zeit.html.
[13] Herbert Verbeke (Hg.), Auschwitz: Nackte Fakten. Eine Erwiderung an Jean-Claude Pressac, Vrij Historisch Onderzoek, Postbus 60, B-2600 Berchem 2, 1995.