Professor Heißluftdüse

Prof. Dr. Wolfgang Eßbach

Prof. Dr. Wolfgang Eßbach

Im Wintersemster 2009/2010 hielt Prof. Dr. Wolfgang Eßbach, Soziologe an der Universität Freiburg, eine Vorlesung zum Thema „Kulturtheorie in Deutschland und Frankreich seit 1968“.[1] Ein Schwerpunkt dieser Vorlesung lag auf dem Thema „Ethische Problematisierungen nach den Modernitätskatastrophen des 20. Jahrhunderts“. Prof. Eßbach behandelt darin drei Modernitätskatastrophen: den sowjetischen GULag, den Holocaust sowie „Hiroshima“, also die Atombomenabwürfe der US-Amerikaner auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki.

Als Holocaust-Revisionist beschränke ich mir hier auf eine Analyse des Teils, in dem Prof. Eßbach „Auschwitz“ behandelt. Interessanterweise liegt bezüglich des Holocaust für Eßbach ein Bruch der Kontinuität insofern vor, als man sich heute im ansonsten aufgeklärt-rationalen Westen weigert, sich diesem Thema kritisch-rational-aufklärerisch zu nähern, und dass diejenigen, die vorgeben, dies dennoch zu tun – die von ihm auch so genannten Revisionisten – sich zu Recht gesellschaftlicher Ausgrenzung, moralischer Ablehnung und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sehen.[2] Er hält es auch für gerechtfertigt, dass das Thema „sakralisiert“ und (nicht nur) in Deutschland zu einer Art „zivilen Religion“ geworden ist, und dass Schüler in diesem Sinne in der Schule gehirngewaschen werden (10: 36:27-37:36). Was ich davon halt, habe ich in meinem Buch Widerstand ist Pflicht ausgiebig dargelegt, weshalb ich hier darauf nicht weiter eingehen will. Nachfolgend möchte ich lediglich einige Sachaussagen von Prof. Dr. Eßbach diskutieren, welche die Unhaltbarkeit seiner Grundthese von der Legitimität der Diskursverweigerung nachweisen.

Wannsee

In seiner Vorlesungsreihe macht Prof. Eßbach nur drei Aussagen über das, was Revisionisten angeblich behaupten, und in allen drei Fällen sind diese Aussage entweder falsch oder anschließend grotesk verzerrt.

Die erste Aussage betrifft das sogenannte Wannsee-Protokoll vom Januar 1942. Dieses Dokument soll den Inhalt einer Besprechung wiedergeben, die unter zweitrangigen Politikern des Dritten Reiches abgehalten wurde bezüglich der Umsetzung von Plänen zur sogenannten „Endlösung der Judenfrage.“

Prof. Eßbach behauptet, die Tatsache, dass wir über keine genaue Mitschrift der Wannsee-Konferenz verfügen, müsse laut den Revisionisten zu Zweifeln daran führen, ob diese Konferenz überhaupt stattgefunden habe (11: 12:49-13:00). Mir ist kein revisionistischer Text bekannt, der so etwas behauptet. Die Revisionisten teilen sich bezüglich des Wannsee-Protokolls im Wesentlichen in zwei Gruppen:

a) Eine Gruppe besteht darauf, dass es sich bei den zwei heute bekannte Fassungen des Wannsee-Protokolls um Fälschungen handelt. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und werden hier nicht wiederholt. Keiner der Autoren, die dieser These anhängen, hat jedoch je behauptet, eine solche Konferenz habe gar nicht stattgefunden. Ganz im Gegenteil, ihre Kritiken befassen sich sogar in unterschiedlichem Grade mit dem, was einige Teilnehmer an dieser Konferenz dazu später ausgeführt haben. Bezüglich des Inhalts dieses Dokuments geht es dieser Gruppe lediglich darum, ob das, was im sogenannten Protokoll steht, wirklich während dieser Zusammenkunft so besprochen wurde.[3]

b) Eine zweite Gruppe geht zumindest von der Authentizität des Inhalts des Protokolls aus, wenn nicht gar von dessen Echtheit, da darin nichts enthalten ist, was auf eine physische Vernichtung der Juden hindeutet. Der Inhalt dieses Dokuments stimme daher mit den von dieser Gruppe für wahr erachteten historischen Fakten im Wesentlichen überein.[4]

Auf Prof. Eßbachs kurzen Ansatz, dieser revisionistischen Fatamorgana zu widersprechen, gehe ich hier nicht ein, weil die dem zugrunde liegende Behauptung eben falsch ist. Wichtig ist hier auch nur, dass Prof. Eßbach dieses Beispiel nutzt, um aufzuzeigen, dass es durch „Auschwitz“ zu einem Bruch der Kontinuität des Projekts der Aufklärung gekommen ist, zu einem Bruch der Kontinuität der Kommunikationsgemeinschaft, die sich weigert, ikonoklastische Thesen zum Holocaust überhaupt ernst zu nehmen, geschweige denn, sie zu diskutieren, was im krassen Gegensatz zum westlichen aufklärerischen Ideal steht, dem zufolge Zweifel und kritisches Hinterfragen sehr lobenswerte Handlungen sind. Die Frage, ob man sich auf einen Diskurs mit einem Holocaust-Zweifler einlassen solle, ob es also ethisch verantwortbar sei, einem revisionistischen Diskurs beizutreten, wird von Prof. Eßbach mithin letztlich verneint. Das Grauen von Auschwitz verbiete es aus ethischen Gründen, rationalen Zweifeln Raum zuzugestehen.

Opferzahlen

Prof. Eßbach behauptet, die Revisionisten meinen, in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau seien weitaus weniger Menschen ermordet worden als bisher behauptet (11: 18:45-50). An dieser Frage hängt Prof. Eßbach ein angebliches ethisches Dilemma auf, nämlich das Dilemma zwischen dem aufklärerischen, zweifelnden Wissen-Wollen bzw. Wissen-Wollen-Sollen und dem angeblichen ethischen Entsetzen darüber, dass da einer im Angesichts des unfassbaren Massenmoders Erbsen zählt, wenn ich es einmal so salopp ausdrücken darf. Aber dieses Dilemma ist nur ein Schein-Dilemma. Zunächst einmal hat die Wissenschaft immer ein Recht darauf, Zahlen gründlich und möglichst exakt feststellen zu dürfen. Wäre das hier anders, verließe man den Boden der Wissenschaft, auch der Geschichtswissenschaft, was Prof. Eßbach selber ausführt (11: 19:10-25). Selbst die Exterminationisten stellen ja mitunter sehr detaillierte Berechnungen über die Opferzahlen an,[5] und im Rest seiner Vorlesungsstunde legt Prof. Eßbach einige wenige davon dar, um aufzuzeigen, dass Zahlenkontroversen um Auschwitz durchaus „normal“ sind und es wohl auch in Zukunft bleiben werden.

Tatsache ist, dass niemand an den Zahlenforschungen der orthodoxen Historiker etwas auszusetzen hat. Die Haare sträuben sich bei einigen nur, wenn die „falschen“ Leute zu den „falschen“ Ergebnissen kommen, nämlich zu solchen, die merklich unter der Zahl liegen, die zur Zeit gerade für wahr gehalten wird. Über zu hohe Zahlenangaben – so die von Eßbach selbst erwähnten 8 Mio. der Franzosen oder 4 Mio. der stalinistischen Russen und Polen kurz nach Kriegsende – regt sich dagegen kaum jemand auf. Solche Zahlen scheinen für Prof. Eßbach kein ethisches Problem zu sein. Wahr sollte hingegen sein, dass jede falsche Zahl ethisch fragwürdig ist, dass es daher ethisch geboten ist, die richtige Zahl festzustellen – was aber nur per Wissenschaft geht, nicht jedoch per Strafgesetz, Sakralisierung, Tabuisierung, Gehirnwäsche oder was auch immer für Ansätze des „social engineering“.

Zudem behaupten die Revisionisten nicht, dass weitaus weniger Menschen in den Gaskammern von Auschwitz ermordet wurden als offiziell behauptet wird, sondern sie behaupten, dass es in Auschwitz KEINE GASKAMMERN GAB, dass mithin NIEMAND mit Gas ermordet wurde. Wenn das stimmt, dann sprechen wir nicht mehr über das kleinliche Zählen von Erbsen, sondern potentiell von einem Verbrechen an Menschen, oder an ganzen Menschengruppen, denen fälschlich ein gigantisches Verbrechen unterzuschieben. Jede Diskursverweigerung, die es verunmöglicht, dass ein Angeklagter sich verteidigen und potentiell entlasten kann, ist daher an sich genauso ethisch verwerflich, wie es verwerflich wäre, wenn den vermeintlichen Opfern bzw. Opfergruppen ein Diskurs über ihr Schicksal verweigerte würde. Ethik gilt immer für beide Seiten. Das übersieht Prof. Eßbach. Er, wie so viele andere Deutsche auch, scheint grundsätzlich kein ethisches Problem darin zu sehen, dass seine Ethnie und Kultur mit geradezu beliebigen historischen Horrorgeschichten belastet wird. Das ist alles in Ordnung. Es trifft ja immer die richtigen, wenn es die Deutschen trifft, gell? Denn als Deutscher fühlt man sich nur so richtig pudelwohl, wenn man schuldig sein darf. „Und wehe dem, der mir meinen Schuldkomplex zu nehmen versucht!“ Dieses deutsche Flagellantentum ist einer eigenen, psychiatrischen Untersuchung wert, die ich hier aber nicht durchführen werde.

Prof. Eßbach nutzt das unter anderem durch Zahlen („Millionen von Opfern“) hervorgerufene moralische Entsetzen dazu, um eine Diskussion unter anderem eben über diese Zahlen moralisch zu brandmarken. Dieser Immunisierungversuch von Behauptungen gegen möglich Kritik ist aber selbst eine moralisch verwerfliche Vorgehensweise.

Faurisson

Prof. Eßbach zitiert Prof. Faurisson u.a. mit den Worten, Faurisson „habe, allerdings vergeblich, einen einzigen ehemaligen Deportierten gesucht, der mir beweisen konnte, tatsächlich und mit eigenen Augen eine Gaskammer gesehen zu haben.“ Prof. Eßbach fährt dann fort mit einem Zitat von Jean-François Lyotard aus dessen Buch Widerstreit (Fink, München 1987; 12: 4:30-5:06):

„Tatsächlich und mit eigenen Augen eine Gaskammer gesehen zu haben wäre die Bedingung für die Autorität, ihre Existenz zu behaupten und den Ungläubigen zu belehren. Zudem muss man beweisen, dass sie in dem Augenblick todbringed war, als man sie sah. Der einzig annehmbare Beweis für ihre tödliche Wirkung besteht darin, dass man tot ist. Als Toter aber kann man nicht bezeugen, dass man in einer Gaskammer umgekommen ist. […] Um einen Raum als Gaskammer identifizieren zu können, akzeptiere ich nur ein Opfer dieser Gaskammer als Zeugen. Nun kann es dort, meinem Kontrahenten zufolge, nur tote Opfer geben, sonst wäre diese Gaskammer nicht das, was er behauptet. Es gibt also keine Gaskammer. […] Da es den Zeugen nur als Opfer gibt, das Opfer nur als Toten, so kann keine Räumlichkeit als Gaskammer idenitfiziert werden.“

Prof. Eßbach behauptet anschließend, „was Faurisson behauptet, ist unhaltbar“ und inakzeptabel (12: 5:33-46). Tatsächlich ist jedoch lediglich Lyotards Extrapolation von Faurissons Aussage unhaltbar und inakzeptabel. Die Lektüre von Faurissons Schriften würde beide davon überzeugt haben, dass Faurisson keine solch absurde Definition eines für ihn akzeptablen Gaskammerbeweises je aufgestellt hat. Faurisson würde sowohl materielle Beweise akzeptierten als auch Dokumente, aber solche Beweise gibt es eben nicht. Er würde ebenso die glaubhaften Aussagen glaubwürdiger Zeugen akzeptieren. Es gibt jede Menge Personen, die von sich behaupten, eine Gaskammer mit eigenen Augen gesehen zu haben, ohne dabei umgekommen zu sein. Die Gerichtsakten und die Literatur sind voll von derlei Aussagen. Faurisson hat einige dieser Zeugen selbst interviewt, in anderen Fällen hat er sich deren Aussagen kritisch durchgelesen. All diese Zeugen haben Dinge berichtet, die seiner Auffassung nach physisch unmöglich sind, weshalb er deren Aussagen verwirft – und nicht etwa, weil diese Zeugen die behauptete Begegnung mit einer Gaskammer überlebt haben.

Prof. Eßbach begeht hier den kategorischen Fehler, Lyotards absurdes Pseudo-Argument Faurisson zur Last zu legen.

Die sich daran anschließende Diskussion Lyotards und in dessen Gefolge die Darlergungen Eßbachs entbehren nicht der Komik, da sie einerseits auf einer völlig falschen Prämisse aufgebaut sind und andererseits das Absurde von Lyotards Extrapolation überhaupt ernst nehmen. Tatsächlich ist eine These, die aus grundsätzlichen Gründen einer Überprüfung unzugänglich ist – wie etwa „Gaskammern können nur durch Aussagen toter Zeugen bewiesen werden“ –, überhaupt nicht zulässig. Der französische Philosoph Lyotard hat mithin ein ganzes Buch über etwas verfasst, was logisch gar nicht zulässig ist.

Ich darf darauf hinweisen, dass die Faurisson unterstellte absurde Argumentationsweise auf der anderen Seite durchaus die Regel ist. Simone Veil, erste Präsidentin des Europa-Parlaments und jüdische Auschwitz-Überlebende, hat dies beispielhaft wie folgt ausgedrückt (France-Soir, 7.5.1983, S. 47):

“Jeder weiß, dass die Nazis diese Gaskammern zerstört und alle Zeugen systematisch ausgemerzt haben.”

Der US-Historiker Dr. Arno J. Mayer hat es etwas akademischer ausgedrückt, hat aber im Prinzip dasselbe gesagt:[6]

“Die Quellen zum Studium der Gaskammern sind sowohl selten als auch unzuverlässig. Auch wenn Hitler und die Nazis kein Geheimnis aus ihrem Krieg gegen die Juden machten, vernichteten die SS-Fachleute pflichtbewusst alle Spuren ihrer mörderischen Aktivitäten und Instrumente. Kein geschriebener Befehl für Vergasungen ist bisher aufgetaucht. Die SS zerstörte nicht nur die meisten Lagerakten, die ohnehin unvollständig waren, sondern schleifte zudem noch fast alle Mord- und Kremierungsanlagen lange vor der Ankunft der sowjetischen Truppen. Auf ähnliche Weise wurde darauf geachtet, die Knochen und Asche der Opfer zu entsorgen.”

Diese Aussagen sind aber nicht nur sachlich falsch – denn erstens weiß dies nicht jeder, zweitens haben viele Zeugen überlebt, drittens bestehen bis heute einige Gebäude, die als Gaskammern gedient haben sollen, und viertens haben die Sowjets die gesamten Akten der Auschwitzer Zentralbauleitung erbeutet –, sondern sie sind zudem auch logisch unzulässig, denn hier wird das angebliche Fehlen von Beweisen dazu benutzt, um eine These nicht etwa zu erschüttern, sondern um sie zu untermauern.

Die These von der Beweisvernichtung durchzieht die orthodoxe Literatur wie ein roter Faden. Die revisionistische hingegen befasst sich mit den tatsächlich auffindbaren Beweisen, was auch immer diese zu beweisen vermögen. Andersherum wird daher ein Schuh daraus: Die Exterminationisten argumentieren auf eine Weise, die einen radikalen Bruch der Normen eines rationaler Diskurses darstellt.

Fazit

Prof. Eßbach nutzt die absurde und nachweislich auf einer falschen Prämisse basierende These des französischen Philosophen Lyotard dazu, um die orthodoxe Diskurs-Verweigerung dem Revisionismus gegenüber auch auf akademischem Niveau als angeblich ethisch gerechtfertigt zu verteidigen. Er nennt dies den Beitrag der Universitäten zur Schärfung der „Waffen der Kritik“ (10: 37:37-48) – wobei das genaue Gegenteil dessen wahr ist: die Weigerung der Kenntnisnahme und der Diskussion kritischer Diskursansätze schärft nicht etwa die Waffen der Kritik, sondern verbannt sie in die Waffenkammer und überlässt das Feld den Revisionisten kampflos.


Notes

[1] http://podcasts.uni-freiburg.de/podcast_content?id_content=87
[2] Ebd., 10. Podcast, 34 Min. 50 Sek. und danach. Die nachfolgend in Klammern gesetzten Nummern und Zeitangaben beziehen sich auf die Zeiten der jeweiligen Podcast-Dateien auf der oben erwähnten Webseite.
[3] Bes.: Hans Wahls, Zur Authentizität des “Wannsee-Protokolls”, Veröffentlichungen der Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt, 10. Band, Ingolstadt 1987; U. Walendy, “Die Wannsee-Konferenz vom 20.1.1942”, Historische Tatsachen Nr. 35, Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung, Vlotho 1988; R. Bohlinger, J. P. Ney, Gutachten zur Frage der Echtheit des sogenannten Wannsee-Protokolls und der dazugehörigen Schriftstücke, Deutscher Rechts- und Lebensschutz-Verband (Hg.), Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur, Viöl 1992; Roland Bohlinger (Hg.), Die Stellungnahme der Leitung der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz zu dem von Bohlinger und Ney verfaßten Gutachten zur Frage der Echtheit des sogenannten Wannsee-Protokolls und der dazugehörigen Schriftstücke, Verlag für ganzheitliche Forschung, Viöl 1995
[4] Jürgen Graf, Thomas Kues, Carlo Mattogno, Sobibór: Holocaust-Propaganda und Wirklichkeit, Castle Hill Publishers, Uckfield, UK, 2010, S. 262.
[5] Franciszek Piper, Die Zahl der Opfer von Auschwitz, Verlag Staatliches Museum, Auschwitz 1993.
[6] Arno J. Mayer, Why Did the Heavens Not Darken? Pantheon, New York 1990, S. 362.